Europäischer Besuch trifft lokale Expertise: NEB_ONTOUR in der Schwemme!

NEB_ONTOUR in Halle (Saale) mit Gästen der DG REGIO NEB Peer2Peer Community (P2P) zum Schwemme e. V.

Gerade erst Anfang Mai 2025 hatte der Schwemme e. V. in Halle (Saale) seinen Förderbescheid für das NEB_PROJEKT „LEHM – BAU – KULTUR“, gefördert mit Mitteln aus dem Just Transition Fund der EU erhalten, schon stand europäischer Besuch vor der Tür! Am 18. Juni 2025 konnten im Rahmen einer NEB_ONTOUR Gäste der DG REGIO NEB Peer2Peer Community (P2P) begrüßt werden.

Auf den Hof am lauschigen Platz der Schwemmesaale war die Delegation, begleitet von Mitarbeitenden der Stabsstelle Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier, gekommen, um sowohl die halleschen NEB_AKTEURE als auch ihr ambitioniertes NEB_PROJEKT kennenzulernen, dabei Kontakte zu knüpfen, in den direkten Austausch zu treten und so wichtige Erfahrungen zu teilen. Den Rahmen setzte eine NEB_ONTOUR, ein Format, bei dem das sachsen-anhaltische NEB_NETZWERKBÜRO einen Tag lang den Austausch zwischen Beteiligten, Fachleuten und Interessierten am Ort des Geschehens moderiert und Projektidee, Expertise und Unterstützung zusammenbringt. Mit den Gästen von der Europäischen Kommission hatte man profunde Kenner „an Bord“, für das gemeinsame NEB_ZIEL: kreative und nachhaltige Lösungen für den ökologischen Wandel.

Schwemme-Projektleiterin Johanna Voll stellte zunächst bei einem Rundgang das rund 300 Jahre alte Brauhausgebäude vor, nahm die Zuhörenden mit in die Geschichte des Hauses, seine Gegenwart – und seine gute Zukunft. An der arbeiten die rund 40 Schwemme-Vereinsmitglieder seit 2015, retten, erhalten und sanieren sukzessive das denkmalgeschützte Industriedenkmal mit traditionellen Handwerkstechniken, mit Mittelpunkt: der Lehmbau. Mit ihrem NEB_PROJEKT „LEHM – BAU – KULTUR“ soll jetzt eine regionale Lehmbau Fach- & Laienbildungsstätte als Dritter Ort in Halle entstehen, das Ziel: die Entwicklung eines Lehmbau-Kompetenzzentrums – und das in Gemeinsamkeit mit ihrem NEB-Verbundpartner, dem Zentrum für Sozialforschung Halle e.V.

Interessiert schauten sich die P2P-Gäste mit ihrer Begleitung auf der Baustelle um und nahmen jene Räume in Augenschein, in denen später u. a. ein offener Lern- und Begegnungsort geöffnet und das Potenzial natürlicher Baustoffe wie Lehm vermittelt werden soll. Unter den Leitmotiven LERNEN – GESTALTEN – BEGEGNEN will das Zentrum durch Workshops, Bildungsangebote und gemeinschaftliche Gestaltung theoretisches Wissen und praktische Anwendung zirkulärer Bauweisen verbinden. Die Schwemme – das ist schon jetzt gelebtes Neues Europäisches Bauhaus mit seinem Anspruch an soziale Teilhabe, ökologische Nachhaltigkeit und Baukultur. Wie genau diesen hohen Anforderungen bei der Schwemme in die Praxis umgesetzt werden, welche Herausforderungen, Schwierigkeiten und Probleme die #NeuenBauhäusler bewegen und wo Hilfe und Unterstützung gebraucht werden – insbesondere dafür interessierten sich die europäischen Gäste, darunter eine Vertreterin aus Rumänien von der Regionalen Entwicklungsagentur West. Nahbar, offen und ehrlich wurde diskutiert, saß man im halleschen Lehmbau-Brauhaus zusammen und tauschte sich aus, um gegenseitig zu erfahren, wie es in anderen europäischen Ländern gelingt, NEB in der EU-Kohäsionspolitik zu verankern. Dabei war die regionale und lokale Perspektive mehr als wichtig. Nur so wird es gemeinsam gelingen, Verbesserungspotenzial von EU-Förderkulissen auszuloten.


Ein perfekter Reality-Check

Sarah, die Stabsstelle hat an der NEB_ONTOUR mit den EU-Gästen in Halle (Saale) teilgenommen. Ein besonderer Tag?

Sarah Meier-Koch: Unbedingt! Vertreter der Europäischen Kommission bei uns im Land zu Gast zu haben und dazu eine Vertreterin aus Rumänien, die einen speziellen Bezug zum NEB in der Kohäsionspolitik hat – das war gut zu erleben. Und es wurde sich untereinander offen und ehrlich ausgetauscht, u. a. zur praktischen Umsetzung unseres sachsen-anhaltischen JTF-Förderansatzes. Das hybride Treffen am Vormittag und vor Ort bei einer NEB_ONTOUR mit dem Schwemmeverein am Nachmittag zum NEB_PROJEKT „LEHM – BAU – KULTUR“ war ein perfekter Reality-Check – auf allen Ebenen.

Mit welchen Erkenntnissen?

Sarah Meier-Koch: Etwa, dass es auch in anderen Ländern der EU Herausforderungen bei der Ausgestaltung der Förderrichtlinie gegeben hat, um europäisches und Landesrecht in Einklang zu bringen. Sachsen-Anhalt brauchte dafür leider anderthalb Jahre. Da stehen wir, das wissen wir jetzt, im europäischen Ländervergleich ähnlich gut bzw. schlecht da. Wichtig war für uns aber immer, die Implementierung des Förderansatzes rechtssicher auf den Weg gebracht zu haben. Dennoch bleibt jetzt die Herausforderung, die Projekte in der verbleibenden Zeit einer eher kurzen Förderperiode pünktlich zum Abschluss zu bringen.

Warum ist so ein Austausch untereinander und auch in Präsenz so wichtig?

Sarah Meier-Koch: Die EU wird greifbarer, nahbarer. Für manchen schwebt die Kommission wie ein Ufo über allem, reale Einblicke in sich bietende Möglichkeiten fehlen. Da ist ein informelles Treffen der Community die perfekte Plattform für den Austausch von greifbaren Erfahrungen. Im kleineren Kreis miteinander ins Gespräch zu kommen, konkret zu werden und eben auch Kritik zu üben, bringt uns alle weiter. Für uns als Stabsstelle ist das Feedback der Akteure ebenso wichtig wie für die Gäste. Sie nehmen die Erfahrungen mit nach Brüssel. Das Ziel: EU-Förderkulissen zu verbessern.

Herzlichen Dank!

Das Interview führte Cornelia Heller im Auftrag des NEB_NETZWERKBÜROS Sachsen-Anhalt.


Mit europäischem Spirit

Johanna, europäischer Besuch kam in die Schwemme, wie hast Du den Tag erlebt?

Johanna Voll: Das Treffen am Vormittag im „Lichthaus“ gestaltete sich im hybriden Austausch als Evaluation, wo man erfuhr, wie in den anderen europäischen Ländern die NEB-Förderrichtlinie aufgesetzt wurde und wie die verschiedenen NEB-Projekte organisiert sind. Wir berichteten aus Sachsen-Anhalt, wie NEB bei gemeinwohlorientierten, vereinsgetragenen Initiativen wie dem Schwemme e. V. funktioniert und welche großen Chancen, aber eben auch Risiken es mit Inanspruchnahme einer NEB-Förderung geben kann, letzteres mit Blick auf private Haftung, fehlende Rücklagen oder vorschüssige Förderung. Das war für die Besucher neu und von großem Interesse.

Am Nachmittag ging es dann in die Schwemme …

Johanna Voll: …, wo wir die Gäste durch das historische Brauhaus führen, über die Bedeutung des Hauses und seiner Geschichte für unseren Verein berichten konnten, und warum von Anbeginn der Fokus auf die Entstehung eines „Dritten Orts“ mit einem Lehmbau-Kompetenzzentrum gerichtet war. Es war ein schöner Moment zu spüren, wie die Gäste verstanden, dass es uns hier vor allem um die Begegnung geht: Unterschiedliche Leute aus unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft mit ganz unterschiedlichen sozioökonomischen Hintergründen und Altersgruppen können in der Schwemme zusammen- und miteinander ins Gespräch kommen. Das ist unser Anliegen. Und dafür, klar, brauchen wir ein paar Mittel sowohl zum Bauen als auch für das aktive Gestalten des „Dritten Orts“, also für Personal, Honorare für Workshops und Fachvorträge. Aber wir bespielen das Haus ja bereits während der Bauphase mit verschiedenen Formaten.  

Was war für Dich an dem Austausch besonders bemerkenswert?

Johanna Voll: Dass wir sehr offen und vertrauensvoll Gedanken teilen konnten! Das ist nicht selbstverständlich, denn wenn „die Politik“ mit am Tisch sitzt, überlegt man ja schon: Wie offen kann ich sprechen? Diese Aufgeschlossenheit hat mich sehr begeistert. Nicht nach dem Motto: „Wir sind jetzt hier mal die kritischen EU-Kontrolleure“, sondern ganz im Gegenteil: auf Augenhöhe. Die Gäste haben diesen „europäischen Spirit“ mitgebracht und bei mir persönlich, ganz ehrlich, wieder zum Leben erweckt. In Zeiten, wo so viel gegeneinander läuft, wieder gemeinsam Dinge vorantreiben, voneinander im besten Sinn lernen zu können – das ist ein hoher Wert.

Was bleibt?

Die Erinnerung an einen schönen Tag! Und dass wir nach Brüssel zum Peer2Peer-Community-Treffen im September 2025 eingeladen worden sind! Wir freuen uns auf den weiteren Austausch mit Europa!

Herzlichen Dank!

Das Interview führte Cornelia Heller im Auftrag des NEB_NETZWERKBÜROS Sachsen-Anhalt.


Ein gutes Feedback

NEB_ONTOUR in Halle (Saale) mit der europäischen NEB Peer2Peer Community: Am Vormittag traf man sich hybrid in großer Expertenrunde …

Katrin Kanus-Sieber: Ja, dort konnten wir unseren europäischen Gästen zunächst Sachsen-Anhalt vorstellen und ihnen die Kontinuität des Wirkens des Bauhauses und seiner Nachfolgeinstitutionen in unserer Region vermitteln: dass wir „Bauhausland“ sind! Es ging um die Erkenntnisse, über die wir in Sachen Transformation bereits verfügen, ökologische und gesellschaftsformende Aspekte, die bereits im „Industriellen Gartenreich“ und der „IBA Stadtumbau 2010“ adressiert wurden und aus deren Erfahrungsgewinnen die Landesinitiative für #NeueBauhäusler schöpft. Es war für viele Teilnehmende in dieser Konsequenz neu, dass bei uns die heutigen Ziele des Neuen Europäischen Bauhauses in vielerlei Hinsicht schon seit den späten 1980er Jahren in Forschungs- und Pilotprojekte integriert wurden.

Dann ging es in den direkten Austausch. Was hat Gäste und Gastgeber besonders interessiert?

Katrin Kanus-Sieber: Viele Fragen wurden gestellt und diskutiert, die sich um das Finden, die Entstehung und die Förderung von NEB_PROJEKTEN drehten, um deren Qualität nach den NEB_KRITERIEN und um den Aufbau von Netzwerken. Hier stand die europäische Perspektive im Mittelpunkt und es war spannend zu hören, wie es anderswo läuft. Wir konnten berichten, dass in Sachsen-Anhalt sehr viele Initiativen arbeiten, die bereits von sich aus diese Kriterien leben und deren Ideen auf unseren NEB-Förderaufruf einfach passen. So wie beim Schwemme-Projekt oder der Kulturvilla in Droyßig.

Und gemeinsam wurde überlegt, wie man es noch besser machen kann?

Katrin Kanus-Sieber:  Genau! Wo sind die Stellschrauben des Gelingens: sowohl mit Blick auf die europäische NEB-Initiative als auch und im Besonderen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Gestaltung von Förderprogrammen? Wie gelingt das zwischen den Regionen in Europa und wie hier im Land? Ich bin der Überzeugung, dass es absolut notwendig ist, Vorortinitiativen an ihren integrativen Orten zu unterstützen, die kleinen Ansätze ins Laufen zu bringen. Am Nachmittag bei dem bemerkenswerten Rundgang in der historischen Schwemme-Brauerei und beim Zusammensein mit den Vereinsmitgliedern wurde das sehr deutlich. Und es wurden ganz praktische Dinge der Umsetzung, die konkreten Herausforderungen, der NEB-Alltag sozusagen, besprochen. Ein wichtiger Einblick, für den wir und die Gäste sehr dankbar sind.

Ein Resümee?

Katrin Kanus-Sieber:  Ein war ein beeindruckendes Treffen, an dessen Ende eine Einladung nach Brüssel ausgesprochen wurde. Und das gute Gefühl entstanden ist, dass wir auf EU-Ebene wahrgenommen werden, man dort weiß, was wir hier in Sachsen-Anhalt #NeueBauhäusler im Sinne des NEB sind und großartige Projekte unterstützen dürfen. Unsere Erfahrungen finden Anklang in Brüssel. Ein gutes Feedback.

Herzlichen Dank!

Das Interview führte Cornelia Heller im Auftrag des NEB_NETZWERKBÜROS Sachsen-Anhalt.



Impressionen